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Kategorie: 5. Klasse AHS (Ö)
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1.8 Benedikt von Nursia

benediktBenedetto wurde mit seiner Zwillingsschwester Scholastika als Sohn einer vornehmen Familie geboren und schon als Knabe mit seiner Amme nach Rom zur Ausbildung geschickt, wo er auch studierte. Aus der an Legenden reichen Lebensbeschreibung von Gregor I. stammt die Erzählung, dass der Amme das Mehlsieb zerbrach, als sie ihm in eine Stätte innerer Besinnung gefolgt war; sein Gebet trug dazu bei, dass sie es wieder zusammen setzen konnte.

Entsetzt vom Leben in der Stadt, das von Verfall gekennzeichnet war - der Kaiserhof war bereits nach Konstantinopel umgezogen, kirchlich, politisch, wirtschaftlich, kulturell und auch moralisch lag Rom danieder - schloss Benedetto sich einer asketischen Gemeinschaft in Affile - dem heutigen Enfide - in den Sabiner Bergen nahe Rom an, dann zog er sich in eine unbewohnte Gegend im Aniotal in der Nähe von Subiaco zurück. Hier lebte er für drei Jahre völlig einsam in einer Höhle, die später "Heilige Grotte" genannt wurde. Täglich ließ ihm der Mönch Romanus aus einem benachbarten Kloster Vicovaro an einem Seil ein Brot herab, eine Glocke am Seil gab dazu das Zeichen. Auf diese warf der Teufel eines Tages einen Stein, worauf sie zerbrach. Aber Benedetto bestand auch die weiteren Versuchungen und Plagen des Bösen, der ihm als schwarzer Vogel und als schöne Jungfrau erschien, indem er sich in Domen wälzte.

Benedettos Ruf als Heiliger wuchs, viele Menschen kamen, um ihn zu sehen. Die Mönche von Vicovaro bei Tivoli in Norditalien luden ihn ein und wählten ihn zum Abt ihrer Gemeinschaft. Als sich die Mönche nicht mit seinen Regeln einverstanden erklärten, versuchten sie ihn zu vergiften. Doch das Gift entwich nach der Legende als Schlange aus dem Kelch, den sie ihm reichen, und das Gefäß zerbrach, als er das Kreuzzeichen darüber machte.

Benedetto verließ die Gruppe und kehrte ins Aniotal zurück. Für seine wachsende Schülerschar gründete er rund ein Dutzend kleine Klöster mit je zwölf Mönchen - die Monasteri di S. Benedetto und di S. Scholastica gibt es noch heute und entwickelte Regeln für ein gemeinschaftliches Klosterleben. Wieder, so berichtet die Überlieferung, sollte er durch vergiftetes Brot beseitigt werden, aber sein Rabe trug es fort. Sein Gebet bewirkte, dass Bruder Maurus trockenen Fußes über Wasser gehen konnte, um den ertrinkenden Placidus zu retten. Nach einem Besuch bei seiner Schwester schaute er ihren Tod und wie ihre Seele als Taube gen Himmel fliegt. Auf Benedetto ging dann die Gründung des Klosters von Montecassino bei Cassino zurück; 529 zog er selbst dort ein. Hier schrieb er seine berühmte "Regula Benedicti", die grundlegende Regel aller sich von da aus über das ganze Abendland ausbreitenden Klöster des Benediktinerordens mit dem Wahlspruch „Ora et labora", "bete und arbeite".

Benedettos Klosterregeln stellen in den Mittelpunkt das Leben in der Gemeinschaft und körperliche Arbeit. Seine Regeln haben das gesamte abendländische Klosterleben organisiert und belebt. Den Mönchen war jeglicher Besitz untersagt, die Mahlzeiten wurden gemeinsam eingenommen, unnötige Gespräche vermieden. Gebet und Arbeit - "ora et labora", dazu der Gehorsam: das waren und das sind bis heute im von ihm gegründeten Benediktinerorden die tragenden Säulen des Zusammenlebens. Durch die Verbindung von meditativem, kontemplativem Anliegen mit aktiven, produktiven Elementen hat Benedetto eine der abendländischen Mentalität gemäße Form mönchischer Frömmigkeit gefunden. Benedettos Ordensregeln waren auch eine Antwort auf die sich auflösende spätantike Gesellschaft: in die Unruhe und Auflösungstendenzen jener Zeit brachte er ein Prinzip ein, das dem Zeitgeist widersprach hat und das gerade deshalb dauerhaft wurde: die Beständigkeit, ein Innehalten in der Zeit der Völkerwanderungen. Dazu kam, dass in den Klöstern alle Menschen aufgenommen wurden und als gleich galten; der Unterschied zwischen "zivilisierten" Römern und "barbarischen" Germanen war aufgehoben. Benedetto war Pragmatiker, aber seine Regel wurde zum Modell einer zukünftigen Gesellschaft: nachdem nicht nur die Römer und Griechen, sondern auch die Germanen getauft waren,

sollten die Menschen brüderlich miteinander umgehen und zusammen leben - und das Kloster dafür das Modell sein. Einen großen Teil seiner Zeit widmete Benedetto den Nöten der einheimischen Bevölkerung, er verteilte Almosen und Nahrung an die Armen. Heilungen und Totenerweckungen werden berichtet; dem Gotenkönig Totila, der ihn besucht

hat, soll er 542 den in zehn Jahren erfolgenden Tod vorausgesagt haben; Totila fiel tatsächlich 552 bei Tagina. Benedetto starb am Gründonnerstag 547 während eines Gebets am Altar der Klosterkirche Montecassino; seine Brüder sahen, wie er von Engeln auf Teppich belegter, Licht erfüllter Straße gen Himmel getragen wurde.

589 gab es in Rom das erste Benediktinerkloster beim Lateran, 590 wurde mit Gregor, dem Großen, erstmals ein Benediktiner Papst. Im 6. Jahrhundert missionierten Benediktiner in England, im 7. Jahrhundert kam ihre Klosterregel nach Frankreich. Benedettos Verehrung ist erstmals im 7. Jahrhundert bei Willibrord nachweisbar.

Aus dem schon von den Langobarden zerstörten Montecassino wurden angeblich Benedettos Gebeine am 11. Juli 673 (oder 703) in die Benediktinerabtei Fleury - heute St.-Benolt-sur-Loire - bei Orleans gebracht, wo sie noch heute verehrt werden. Reliquien liegen auch in Einsiedeln, Benediktbeuren und Metten in Niederbayern. Benediktbeuren wurde ein wichtiger Wallfahrtsort und ein Zentrum der Verehrung des Ordensgründers. Eine Kapelle in Norcia kann besichtigt werden als das umgebaute Wohnzimmer, in dem Benedikt geboren wurde. Ab 1944 wurde das im 2. Weltkrieg völlig zerstörte Kloster auf dem Montecassino wieder aufgebaut.

Benedetto wird als "Vater des abendländischen Mönchtum" bezeichnet und trägt Titel wie "der letzte Römer", "Vater des Abendlandes", "Vater Europas". 1964 wurde er von Papst Paul VI. zum Patron Europas ernannt.